
Veröffentlichung der Predigt von Pastor Stücker zur Aktion Maria 2.0
Auf Wunsch des Teams rund um die Aktionen „Maria 2.0“ veröffentlichen wir die Predigt von Pastor Stücker, die er unter anderem in der Hl. Messe am 12. Mai um 11:00 Uhr in St. Katharina gehalten hat.
Von Hirten und Hirtinnen. Vierter Ostersonntag (C)
Heute, am vierten Ostersonntag, dem Sonntag vom Guten Hirten, begeht unsere Kirche den Weltgebetstag der geistlichen Berufe. Im Evangelium spricht uns Jesus als Guter Hirt an: Meine Schafe hören auf meine Stimme. Ich kenne sie und sie folgen mir.
Der Gedanke, dass Menschen als Jüngerinnen und Jünger Jesus nachfolgen, prägt unsere Kirche bis heute. Unser Christsein zeichnet sich dadurch aus, dass wir Jesu Worte immer wieder hören, zu verstehen versuchen und danach leben. Er allein ist der Gute Hirt, der jedem von uns Leben in Fülle verheißt, in dessen Hand wir uns sicher sein können, dass wir nicht zugrunde gehen.
Das Modell dem Guten Hirten folgen wurde in unserer Kirche dann auch auf die Frage der Leitung angewandt: Der pastorale Dienst oder Hirtendienst wird in der katholischen Kirche von Bischöfen, Priestern und Diakonen wahrgenommen – nicht von Frauen. Die geistliche und auch rechtliche Leitung der Gemeinde sowie ihre Vertretung nach außen ist Männern vorbehalten.
Das ist schon erstaunlich: Denn schon im Alten, aber stärker noch im Neuen Testament spielen Frauen eine gewichtige Rolle im Leben der Gemeinde oder des Jüngerkreises. Von Maria wird berichtet, sie sei vom Engel Gabriel ausgewählt worden als Mutter des Gottessohnes. Susanna und weitere begüterte Frauen Jesus dienten mit ihren Gütern, finanzierten also die Jesusbewegung. Maria von Magdala hielt mit Salomé und der Mutter Jesu unter dem Kreuz aus – während bis auf Johannes alle Jünger geflohen waren. Und sie ist es auch, die als erste den auferstandenen Herrn erkennt, als er sie im Garten beim Namen ruft. Und sie verkündet den Aposteln: Ich habe den Herrn gesehen. Beim Pfingstereignis, dem Geburtstag der Kirche wiederum spielt Maria, die Mutter Jesu, eine bedeutende Rolle bei der geistlichen Vorbereitung der christlichen Missionsarbeit – zuerst unter den Juden, dann auch bei den Heiden.
Von mehreren Frauen wird berichtet: Sie hatten tragende, möglicherweise leitende Rollen bei der Gründung und im Leben der Gemeinden: die von Paulus so bezeichnete Apostelin Junia (& Mann Andronikus), Priszilla (& Mann Aquila), Diakonin Phöbe in Kenchräa, Purpurhändlerin Lydia aus Thiatyra sind nur einige.
Obwohl die Jesusbewegung aus einem von Männern dominierten Kulturkreis stammte, wo Frauen nicht einmal als Zeuginnen vor Gericht zugelassen waren, spielten sie schon in Jesu Bewegung, aber mehr noch in den früheren Christengemeinden eine wichtige Rolle bis hinein in leitende Positionen. Die römischen Heiligen Praxedis und Putentiana waren im 4. Jahrhundert Gründerinnen und Leiterinnen einer Gemeinde; in der ihnen geweihten Kirche ist die Bischöfin Theodora (9. Jh.) in einem Wandmosaik dargestellt.
Ab dem Mittelalter machte die westliche, katholische Kirche einen Kulturwandel durch: Die Vorherrschaft der römischen Kultur wurde von der germanischen gebrochen. Während im römischen Recht auch Ehefrauen durchaus auf Augenhöhe mit ihren Gatten waren – sie konnten eigenes Vermögen besitzen -, hatten sie in der germanischen Kultur eine sehr viel schwächere Rechtsposition. Frauen kamen in dieser Situation für geistliche Ämter nicht mehr infrage – es sei denn als Äbtissinnen in einem Frauenorden. Obwohl sie kein geistliches Amt hatten, prägten viele geistreiche Frauen die Geschichte der Kirche: Birgitta von Schweden, Elisabeth von Thüringen, Hildegard von Bingen, Caterina von Siena, Theresa von Avila, um nur einige zu nennen. Wenn Frauen in unserer Kirche heute keine Ämter haben dürfen, kann dies nicht an ihren fehlenden Fähigkeiten liegen.
Woran liegt es dann? Seit dem Zweiten Vatikanum wurde die Frage gestellt: Können, sollen Frauen Zugang zu geistlichen Ämtern haben? Das Konzil hat die Prüfung der Frage angestoßen, ob Frauen zum Diakonat zugelassen werden können. Daraus wurde in den letzten 50 Jahren nichts: Es gibt keine Lobby für Frauen in den Vatikanischen Kongregationen, in der päpstlichen Kurie. Papst Franziskus hat diese Tür nun endlich wieder geöffnet.
1994 hat der heilige Papst Johannes Paul II. sämtlichen Überlegungen, Frauen zum Priestertum zuzulassen, eine Absage erteilt. Seine Begründung: Jesus selbst war ein Mann; der Kreis der zwölf Apostel bestand ebenfalls aus Männern. Daher habe die Kirche keine Vollmacht, Frauen die Priesterweihe zu spenden.
Für mich steht diese Begründung auf tönernen Füßen:
Zum einen ignoriert sie die Geschichte der frühen Kirche, in der Frauen sehr wohl geistliche Ämter hatten. Zweitens ist die Frage: Ist die Männlichkeit Jesu für unseren Glauben entscheidend – oder sein Menschsein? Das Glaubensbekenntnis sagt: er ist Mensch geworden aus Maria, der Jungfrau… Nur in Israel gab es den Glauben an den Einen Gott. In dieser geschichtlichen Epoche hatte der Heilige Geist schlicht keine andere Chance, als Mann in einer Männergesellschaft zu werden. Und dass die Apostel Männer waren in einer Kultur, die nur Männer als Zeugen zuließ, dass „die 12“ als Vertreter der 12 Stämme Israels ein Symbol für das Neue Israel waren – wen wundert das?
Dass in unserer Kirche Frauen nicht (mehr) zum Hirtendienst zugelassen werden, hat also keine handfesten theologischen Gründe. Es beruht auf geschichtlichen Entwicklungen, die kontingent – also ein Stück weit zufällig – sind. Kurz gesagt:
auf Tradition. Und es beruht auf der in jeder sozialen Gruppe auftretenden Tendenz, die eigene Macht zu sichern.
Wer gibt schon gern freiwillig Macht ab? Dies, liebe Schwestern und Brüder, ist nach meiner Deutung aber nicht der Lauf der Vorsehung oder vom Heiligen Geist gewollt!
Es könnte nun ganz anders kommen: Weil durch die endlose Missbrauchsdebatte der Kirche das Wasser bis zum Hals steht, sind die Männer der Kirche nun gezwungen, ihr Machtmonopol zumindest zu rechtfertigen. So mag das Versagen der Kirche,
das fast ausschließlich Männer zu verantworten haben, ein Impuls dafür sein, richtige Fragen neu zu stellen: Warum sollen Frauen nicht geistliche Ämter in unserer Kirche übernehmen? Ich kenne bis heute keinen stichhaltigen Grund, der dagegen spräche.
Wenn ich mit dieser Sichtweise nicht allein bliebe, liebe Schwestern und Brüder, und wenn auch unsere deutschen Bischöfe etwas mehr Mut – auch Mut zur Wahrheit – aufbrächten, dann wird es womöglich noch zu unseren Lebzeiten viele kluge und geisterfüllte Frauen geben, die zu unserer aller Freude (vermutlich selbst der Freude der Männer, die diesen Schritt heute ablehnen) als Hirtinnen auf den Spuren des Guten Hirten Jesus Christus in unserer Kirche ihren Dienst tun.
Diese Ansprache wurde am 10. und 11. Mai 2019 in Gemeindemessen der Pfarrei St. Katharina Unna von Pastor Marc Stücker gehalten.
Aktionen zu „Maria 2.0“
Auch in unserer Gemeinde gibt es eine Beteiligung an der für viele aus den Medien bekannten Aktion „Maria 2.0“. Entstanden aus einem Lesekreis hat eine Frauengruppe aus Münster eine bundesweite Lawine ins Rollen gebracht: Bundesweit rufen katholische Frauen zum „Ehrenamtsstreik“ auf. In der Aktionswoche vom 11.-18.05. sollen alle Ämter ruhen, um deutlich zu zeigen, wie sehr die Kirche von und durch Frauen lebt.
Unter dem Motto „Es wird Zeit, die Stimme zu erheben und Maria als zentrale Frauenfigur symbolisch von Ihrem Sockel des Schweigens zu holen – in die Mitte der Frauen und auch Männer“ sind viele Aktionen gestellt. Die zentrale Aktion in Unna wird im Rahmen des Gospelgottesdienstes am 12.05.19 um 11.00 Uhr vor der Katharinenkirche beginnen. Gesammelt werden die Frauen erst nach dem Eingangslied einziehen.
Außerdem sind folgende Aktionen geplant:
- Das Gemeindecafé nach der Messe in Herz Jesu fällt am 12.05. wegen der fehlenden Frauen aus!
- Die Pfarrgemeinderatssitzung am Mittwoch, 15.05. um 19.30 in St. Marien findet weitgehend ohne Frauen statt.
- Ebenfalls am 15.05. lädt die kfd der gesamten Gemeinde um 17.45 Uhr zu einer thematisch gestalteten Maiandacht „Maria 2.0“ vor die Kirchentüren Herz Jesu ein.
- Am 15.05. um 19.00 Uhr kommt die Kirchenkabarettistin Ulrike Böhmer ins Forum Herz Jesu!
- Ein Generalstreik wird aus Rücksicht auf die Gläubigen (z.B. bei den Gottesdiensten der Altenheime, die inzwischen von Frauen geleitet werden) nicht stattfinden.
Wir laden herzlich zur Teilnahme an den Aktionen und zur ausgiebigen Diskussion bei allen Anlässen ein! Die Farbe der Aktion ist das Weiß des Neubeginns. Um das Tragen weißer Kleidung (auch Schal oder Blume) wird gebeten!
In der Woche vom 11. – 18.05. wollen Frauen der Pfarrei nicht streiken und klagen, sondern informieren und wachrütteln! Wachrütteln wird uns auf jeden Fall Ulrike Böhmer, Kirchenkabarettistin mit ihrem neuen Programm “Glück auf und Halleluja“ am Mittwoch, 15.05. um 19:00 Uhr im Forum Herz Jesu.
Wer beim neuen Programm der Kirchenkabarettistin an Kohlenpott und Kirchentag denkt, liegt gar nicht so falsch. Denn Erna Schabiewsky, die in rotem Kostüm und Handtasche das Gemeindehaus erobert, kennt sich da gut aus! Sie ist eine der Aufrechten ihrer Gemeinde, ob an der Spülmaschine oder beim Kaffeekochen, und trägt ihr Herz am rechten Fleck und auf der Zunge. Kein Thema ist ihr zu heikel: Kirchenschließungen, Gemeindefusionen, Klosterleben, Glaubenszweifel, Kirchentage und Zechenschließung, Ehrenamt und Obrigkeiten. Nichts Menschliches und Kirchliches ist ihr fremd. Ein heiterer und tiefgründiger Kabarettabend: „Da bleibt kein Auge trocken!“
Eintrittskarten zum Preis von 10,00 € sind im Vorverkauf zu bekommen:
an den Wochenenden 04./05.05. und 11./12.05.: Herz Jesu und St. Martin jeweils nach den Gottesdiensten
St. Marien und St. Katharina während der Öffnungszeiten der Büchereien