Seite wählen

Jugendbulli goes Ukraine

„Ruf mich mal an!“, lese ich am Sonntagmorgen auf dem Handy-Display. Christoph, mit dem ich sonst Themen wie Mobilität bewege, will wissen: „Habt ihr nicht einen Bulli?“ Er will von der polnisch-ukrainischen Grenze Leute abholen. Am Abend habe ich die Zustimmung des Pfarrers, Christoph den Jugendbulli zur Verfügung zu stellen. Aber der Arbeitskreis Jugendpastoral soll vorher gefragt werden. Am Dienstagabend kann ich auch von dort grünes Licht geben: Christoph bekommt den Neunsitzer.

Am Freitag treffen wir uns an St. Martin zur Übergabe, Samstag um 2:30 Uhr brechen Christoph Kreiterling und Jürgen Etzold auf. Rund 1.250 Kilometer sind es von Unna bis zum Grenzübergang Medyka. Längere Pausen sind nicht geplant. Um 16:00 Uhr kommt der Jugendbulli an der Grenze an. Dann ein ungeplantes Intervall: Erst um 23:30 Uhr treffen die Kurierfahrerinnen aus dem ukrainischen Lwiw mit ihrem blauen Transit in der Schule ein, die als Lager und Verteilzentrum dient. Konserven, Babynahrung, Medikamente, Verbandsmaterial, Infusionen und medizinische Geräte werden eilig eingeladen und erreichen gegen 4:00 Uhr Lwiw.

In der Zwischenzeit sind Christoph und Jürgen in Przemysl angekommen, lassen sich offiziell als Fahrer registrieren und bekommen zwei Frauen und ihre fünf Kinder für den Transport zugeteilt: Eine Frau will mit drei kleinen Kindern aus der Region Lwiw nach Leipzig. Eine andere ist seit vier Tagen aus der Region Donbass mit ihren beiden Kindern unterwegs zur Patentante nach Dortmund. Nach Stopps am Leipziger Hauptbahnhof, wo die erste Gruppe aussteigt, und bei der Patentante in Dortmund, kommt unser Jugendbulli am Sonntag gegen 18:30 Uhr wieder in Unna an.

Christoph und Jürgen sind etwas müde, aber glücklich: Sie haben ihr Ziel erreicht und sieben Menschen in Sicherheit gebracht vor einem grausamen Krieg, der Zivilisten genauso betrifft wie Soldaten. Und sie haben den im Land verbliebenen Menschen dank zahlreicher Spenden Lebensmitteln und Material gebracht, das ihnen beim Überleben helfen kann. Beide planen schon die nächste Tour, wenn möglich, mit einem größeren Fahrzeug… und erinnern mich daran: Wenn du helfen willst, dann tu es gezielt: am besten mit Geld.

Unser Jugendbulli ist zwar reif für die Waschstraße, aber wohlbehalten zurück in der Garage hinter St. Martin. Ich bin dankbar, dass der Arbeitskreis Jugendpastoral ihn für seinen ersten humanitären Einsatz freigegeben hat: Ein Zeichen der Solidarität, das die Menschen in der Ukraine mehr als brauchen können.

Pastor Marc Stücker

 

Weitere aktuelle Nachrichten

error: Content is protected!